KI im Alltag
WO BEGEGNEN WIR ALGORITHMEN UND WELCHE GESELLSCHAFTLICHEN AUSWIRKUNGEN HABEN SIE?
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Education Innovation Lab
KI, Algorithmen und Big Data in unserem Alltag
Im Feld der Künstlichen Intelligenz bestehen nach wie vor begriffliche Unschärfen. Diese sollen – auch im Workshop mit Jugendlichen – zunächst aufgeklärt werden.
Was ist ein Algorithmus?
Als Algorithmus wird zunächst nur die automatisierte Informationsverarbeitung von Daten bezeichnet. Ein Algorithmus kann mit einem Kochrezept verglichen werden, bei dem die Zutaten aus Daten bestehen – der Algorithmus beinhaltet die Anleitung, wie diese Zutaten (die Daten) kombiniert werden sollen, um daraus ein Gericht (Auswertung/Erkenntnis) zu kochen.
Quelle: youknow (2019). Algorithmen in 3 Minuten erklärt. Veröffentlicht auf YouTube unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-ND.
Was ist Maschinelles Lernen?
Wenn Algorithmen nicht nur eine vorgegebene Aufgabe nach einem gleichbleibenden Muster lösen, sondern in der Lage sind, auf Basis neuer Daten ihre Entscheidungsprozesse zu optimieren, dann werden häufig die Begriffe Maschinelles Lernen (engl. Machine Learning) oder Künstliche Intelligenz (KI) gebraucht. Das Maschinelle Lernen wird häufig fälschlicherweise mit KI gleichgesetzt, ist jedoch als Teilgebiet von KI zu sehen. Maschinelles Lernen funktioniert auf der Basis von Daten, die automatisiert ausgewertet werden. Je mehr Informationen das Machine-Learning-System in Form von Daten erhält, desto besser lernt es, auch komplexe Aufgaben zu lösen und die Qualität bzw. Aussagekraft der Ergebnisse zu verfeinern.[1]
Was ist Künstliche Intelligenz?
Der Begriff Künstliche Intelligenz wurde im Jahr 1956 geprägt. Er war Namensgeber einer Konferenz, auf welcher Forscher_innen erstmals über Computer diskutierten, die in der Lage sein sollten, Aufgaben zu lösen, die über reines Rechnen hinausgehen – bspw. Texte analysieren, Sprachen übersetzen oder Spiele spielen.[2] Der Begriff Künstliche Intelligenz ist dabei relativ schwammig, er wird deshalb heute von einigen Expert_innen gescheut, da er sehr unscharf verwendet wird. Inwiefern Maschinen jemals in der Lage sein werden, eine Intelligenz an den Tag zu legen, die menschlicher Autonomie und Intentionalität entspricht, ist seit Langem umstritten und zumindest gegenwärtig kann hiervon noch keine Rede sein.[3]
Was sind Neuronale Netze?
Nach einigen Auf und Abs gab es Mitte der 1980er Jahre einen Entwicklungsschub im Bereich KI. Es wurden nämlich immer größere Datenmengen gesammelt, vor allem von Unternehmen. Dies führte dazu, dass nun die bestehende Technologie der Neuronalen Netze eine praktische Anwendung in vielen unterschiedlichen Services erfahren konnte.
Diese Art des Maschinellen Lernens eignet sich besonders, um Muster zu erkennen, ohne dass ihr vorher einprogrammiert werden muss, welche exakten Eigenschaften das Muster aufweist. Wenn dem System bspw. ausreichend Fotos von Bäumen, Katzen oder Autos eingespeist werden, kann es anschließend auch auf unbekannten Bildern sofort Bäume, Katzen oder Autos identifizieren. Gleiches gilt für Sprache oder Schriftzeichen. Durch die enorme Steigerung von Rechenleistungen und Speicherkapazitäten sind die Neuronalen Netze ebenfalls immer leistungsstärker geworden. Und durch Big Data erhalten die Neuronalen Netze heutzutage eine nahezu unbegrenzte Vielfalt an neuem Trainingsmaterial: „Mit jeder Suchanfrage, mit jeder Spracheingabe, mit jedem Übersetzungswunsch lernen sie hinzu.“[4]
Vereinfacht ausgedrückt orientieren sich Neuronale Netze an der Funktionsweise der Nervenzellen (Neuronen) im Gehirn. In den Neuronalen Netzen sind mehrere Schichten künstlicher Nervenzellen auf komplexe Weise miteinander verbunden, um Informationen zu verarbeiten. Je häufiger eine Verbindung genutzt wird, desto stärker werden diese Verbindungen und ermöglichen ihre Lernfähigkeit. In einem Aufsatz für die Bundeszentrale für politische Bildung wird die Parallele zu der Art, wie das menschliche Gehirn lernt, mit dem folgenden Beispiel veranschaulicht: „Wenn wir oft genug gelernt haben, dass eine rote Ampel ‚Halt! Gefahr!‘ bedeutet, dann ist diese Assoziation sofort da, wo immer wir eine rote Ampel sehen.“[5]
Was ist Big Data?
Hinter Big Data steckt die Idee, immer größere Datenmengen mit immer leistungsfähigerer Software auswerten zu können.[6] Durch das Sammeln und Auswerten großer Datenmengen entstehen neue Anwendungsfälle, die bereits fest in unserem Alltag integriert sind. Was bis vor einiger Zeit noch unmöglich erschien, ist heutzutage Realität. Die folgenden drei Beispiele geben einen Einblick, wozu Big Data bereits genutzt wird und wer davon profitiert.
Big Data in Wirtschaft und Handel
Wirtschaft und Handel versprechen sich von Big Data Effizienz und Profit, beispielsweise durch Einblicke in das Verhalten und die Kreditwürdigkeit von bestehenden und potenziellen Kund_innen. Aus personenbezogenen Daten erstellen sie individuelle Profile, die das sogenannte Microtargeting ermöglichen. Microtargeting bedeutet, dass durch sehr spezifische Ansprache vieler fein unterteilter Zielgruppen bestimmte Kommunikationsziele mit höherer Wahrscheinlichkeit erreicht werden. Das kann produktbezogene Werbung sein, die möglichst genau an den vermeintlichen Wünschen und Vorlieben der potenziellen Kund_innen ausgerichtet wird, aber auch personalisierte Wahlwerbung.[7] Durch die Sammlung umfangreicher Daten der Nutzer_innen hat sich Facebook besonders auf Microtargeting spezialisiert.[8] (Mehr Informationen zum Thema Microtargeting finden Sie im Schwerpunktthema Netzpolitik.)
Big Data in der Produktion
Der Begriff Industrie 4.0 bedeutet, dass Produktionsprozesse durch den Einsatz von KI-Technologien zunehmend automatisiert, flexibilisiert und optimiert werden.[9] „Die primären Ziele der Anwendung von KI sind Kostenreduktion, Zeitersparnis, Qualitätsverbesserung und Erhöhung der Robustheit industrieller Prozesse.“[10] Ein konkretes Beispiel sind Roboter für das Teilehandling, die je nach Autonomiestufe Teile auf einem Fließband platzieren, dabei eigenständig die optimale Positionierung planen und mit anderen Robotik-Einheiten kommunizieren können.[11]
Big Data in der Wissenschaft
Anhand von Datensätzen können Bedrohungen wie der Klimawandel oder das Entstehen von Naturkatastrophen untersucht werden. Basierend darauf können dann Prognosen erstellt werden. Weitere Gegenstände der wissenschaftlichen Betrachtung großer Datensätze können Phänomene wie Bevölkerungswachstum, demografische Veränderungen oder Migration sein. Durch effizientere Analysen mithilfe von Big Data können solche Fragen mit langfristiger Tragweite mittlerweile einfacher und besser beantwortet werden. Das erleichtert Entscheidungen von Politik und Verwaltung und schafft gesellschaftliche Vorteile. Ähnliches gilt auch im medizinischen Bereich: Anhand von Daten aus sozialen Medien, Nachrichtenseiten, Foren, Suchmaschinenanfragen und Flugbewegungen können Hinweise auf Epidemien frühzeitig entdeckt bzw. deren Verlauf besser vorhergesagt und hierdurch schnelle Gegenmaßnahmen ermöglicht werden.[12][13]
Big Data: Eine Technologie mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Gesellschaft
Fest steht: Big Data und die damit verbundenen Technologien haben bereits jetzt und noch stärker in der Zukunft tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesellschaft und unseren Alltag. Nicht immer sind dies positive Auswirkungen, daher bilden kritische Reflextion und aktive Mitgestaltung dieser Technologien eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Um dieses Spannungsfeld zwischen Chancen und Risiken der Technologien geht es auch im Workshopkonzept zum Thema.
Workshop-Konzept
Ziel des Workshops ist es, die vielfältigen Anwendungsbereiche der KI-Technologien zu beleuchten. Dabei soll einerseits deutlich werden, in welchen Bereichen unser Alltag bereits von diesen Technologien geprägt und verändert wurde, und andererseits ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen ermöglicht werden. Der Workshop wird eingeleitet durch eine thematische Einführung in das Thema Big Data. Die Teilnehmenden reflektieren, welche Daten sie bereits an diverse Online-Dienste abgeben und welche Erkenntnisse sich aus der Kombination dieser Daten ableiten lassen. Im Kern des Workshops steht die Auseinandersetzung mit verschiedenen KI-Anwendungen mit Alltagsrelevanz. Als Ergebnis des Workshops haben die Teilnehmenden ein besseres Verständnis für die Konzepte Big Data, Algorithmen, Machine Learning und Künstliche Intelligenz und können die Chancen und Risiken dieser Technologien kritisch einordnen.
Durchführungshinweise
- Dauer:
- 2,5–3,5 Stunden, je nach gewählten Varianten (z. B. multimediale Ausarbeitung)
- Gruppengröße:
- 5–20 Personen
- Altersgruppen:
- Ab ca. 16 Jahren
- Vorbereitung:
- Zur ausführlichen Vorbereitung bedarf es ca. 2–3 Stunden Einarbeitung in den Ablauf, die Materialien und die Tools. Die Einarbeitungszeit ins Thema hängt vom Vorwissen der Moderation ab.
- Varianten:
- Präsenz-Workshop: Diese Variante ist vermutlich die am häufigsten gewählte. Hier kommen Moderation und Teilnehmende in einem Raum zusammen und arbeiten in einem klassischen Workshopformat, welches jedoch durchaus von digitalen Tools gestützt werden kann.
Digitaler Workshop: Es ist auch eine ortsunabhängige, rein digitale Durchführung mittels Webinar- oder Webkonferenz-Software möglich. Hinweise zur digitalen Umsetzung, den damit verbundenen Herausforderungen und geeigneten Tools enthält der Service-Bereich. Der Ablaufplan orientiert sich im Folgenden an einer Durchführung als Präsenz-Workshop.
Optional für multimediale Ausarbeitung:
Ausstattung & Material
Der Workshop kann je nach Interesse, Vorkenntnis des_der Multiplikator_in und der Teilnehmer_innen sowie Zielsetzung eher klassisch in analoger Form oder digital mit Online-Tools (z. B. für Abstimmungen, kollaboratives Arbeiten, Wissensaustausch und Dokumentation) durchgeführt werden. Dazu gibt es innerhalb des Ablaufplans jeweils Hinweise unter dem Stichwort digitale Variante. Weiterführende Informationen zu den Tools finden Sie im Service-Bereich.
Empfohlen wird ein Mix aus analogen und digitalen Methoden, sodass methodische Abwechslung entsteht. Eine digitale Dokumentation der Arbeitsergebnisse ist insbesondere dann besonders hilfreich, wenn im Nachgang dieselben oder andere Teilnehmer_innen noch weiter an den Ergebnissen arbeiten sollen oder eine Veröffentlichung der Ergebnisse geplant ist.
Analoge Ausstattung
- Flipchart/Pinnwand
- Stifte
- Klebezettel
Digitale Ausstattung
- Internetzugang
- Beamer/digitales Anzeigegerät
- Lautsprecher
- Digitale Endgeräte
Optional für Vertiefung Medienproduktion:
- Kamera
- Mikrofon
- Stativ
Online-Tools
- Kahoot / Mentimeter
- Padlet o. ä.
- Mindmap-Tool
Optional für Vertiefung Medienproduktion:
- Schnittprogramm
- Audio-Bearbeitungsprogramm
Quellen
[1] Schaarschmidt, M.: Was ist der Unterschied zwischen KI und maschinellem Lernen?, in: Crowd Guru, 02.06.2020.
[2] Eberl, U.: Was ist Künstliche Intelligenz – was kann sie leisten?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte/bpb.de, 02.02.2018.
[3] AlgorithmWatch: Atlas der Automatisierung/Automatisierte Entscheidungen und Teilhabe in Deutschland (1. Ausgabe, April 2019).
[4] Eberl, U. (2018)
[5] Ebd.
[6] Kramer, B.: Wo Riesendaten der Menschheit helfen, in: fluter.de, 31.10.2018.
[7] Kurz, C. & Dachwitz, I.: Microtargeting und Manipulation: Von Cambridge Analytica zur Europawahl, in: bpb.de, 02.05.2019.
[8] CONTXT Online-Marketing: Dark Ads: Facebook Microtargeting als Wahlkampftaktik, 20.09.2017.
[9] Bendel, O.: Big Data – Definition: Was ist „Big Data“?, in: Gabler Wirtschaftslexikon, 19.02.2018.
[10] Plattform Industrie 4.0: Technologieszenario „Künstliche Intelligenz in der Industrie 4.0“. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), März 2019 (Seite 6).
[11] Ebd.
[12] Kühl, E.: Mit künstlicher Intelligenz gegen das Coronavirus, in: Zeit Online, 11.03.2020.
[13] Samaras, L., García-Barriocanal, E. & Sicilia, M.-A.: Comparing Social media and Google to detect and predict severe epidemics, in: Scientific Reports, 10, 7474, 2020.